100 Jahre "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens"

In 2022 wurde einer der populärsten Stummfilme 100 Jahre alt: "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens".

Friedrich Wilhelm Murnaus Horrorfilm hatte am 04. März 1922 im Marmorsaal des Zoologischen Gartens Berlin seine Uraufführung. Der Vampirfilm zählt zu den großen Klassikern des Weimarer Kinos und gehört heute zu den meistgezeigten Stummfilmen. Die Darstellung von Max Schreck als grotesk-dämonischer Vampir ist eine Ikone des Horrorfilms und vielzitiert in der Populärkultur.

Meilenstein des Genre

"Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" ist, neben "Metropolis" (D 1927) und "Das Cabinet des Dr. Caligari" (D 1920), einer der wenigen deutschen Stummfilme, von dem die meisten Menschen schon einmal gehört haben. Film- und vor allem Horrorfilmfreund*innen kennen die oft verwendeten Standfotos und Ausschnitte aus dem Film: eine unheimliche, hagere Gestalt tritt durch eine merkwürdig gotisch geformte Zimmertür, die Gestalt steigt eine Treppe hinauf und ihr Schatten gleitet ihr riesenhaft voran, in einem Bett bricht eine junge Frau zusammen als sich der Schatten einer Kralle über ihrem Körper schließt, endlich verdampft der Vampir in dramatischer Geste, als ihn die ersten Morgenstrahlen durch ein Fenster treffen.

Diese Bilder prägen in starkem Maße den Eindruck, den sich die Welt in den letzten hundert Jahren vom deutschen Stummfilm insgesamt gemacht hat. Sie sind über die Maßen wirkmächtig und haben "Nosferatu" sowie vielen, die an der Realisierung des Films mitgewirkt haben, geradezu legendären Status verliehen. So wird gern über den okkultistischen Hintergrund von Albin Grau spekuliert, der "Nosferatu" produzierte und Bauten sowie Kostüme entwarf. Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, Max Schreck sei nicht nur der Hauptdarsteller, sondern tatsächlich selbst ein Vampir gewesen. Und ebenso bezeichnender- wie makabrerweise wurde 2015 der Schädel des Regisseurs F.W. Murnau aus seiner Berliner Grabkammer entwendet.

Dabei muss man nicht wild spekulieren, um spannende Geschichten über den Film erzählen zu können. Die Produktionsfirma Prana Film ließ hier nämlich den Roman "Dracula" von Bram Stoker verfilmen – einen Stoff, an dem sie keineswegs die Rechte hatte. Zwar wurden Namen und Handlung verändert und der Schauplatz von England in die fiktive norddeutsche Stadt Wisborg verlegt, das konnte aber niemanden täuschen, vor allem nicht die streitbare Witwe des Autors. Florence Stoker ging sofort gerichtlich gegen die offensichtliche Urheberrechtsverletzung vor und erhielt 1925 vor einem Berliner Bericht Recht. Da war die Prana Film aber schon längst bankrott und der Film gepfändet. Laut Gerichtsbeschluss sollten alle Kopien von "Nosferatu" vernichtet werden, das gelang aufgrund ihrer internationalen Verbreitung zum Glück nicht. Unterdessen verkaufte Witwe Stoker die Rechte an "Dracula" an die Universal, die ihren eigenen Film drehten und sich nicht weiter um den stummen Vorläufer kümmerten.

So liegt uns "Nosferatu" heute recht vollständig vor. Erzählt wird die Geschichte des jungen Hutter, der von dem Häusermakler Knock in die Karpaten geschickt wird um dem dort ansässigen Graf Orlock eine Immobilie in Wisborg zu verkaufen. Als Hutter erkennt, dass Orlock ein Vampir ist, ist es zu spät. Orlock reist per Schiff nach Wisborg, saugt unterwegs die komplette Mannschaft aus und kommt schließlich wie die Pest über die Stadt. Der geschwächte Hutter reist ihm nach um seine Frau Ellen vor dem Monster zu retten. Die weiß aber selbst was zu tun ist. Es gelingt ihr, den Vampir bis nach dem Morgengrauen bei sich zu behalten, sodass die ersten Sonnenstrahlen ihm ein Ende bereiten.

Die meisterliche Regie von Friedrich Wilhelm Murnau und die Kameraarbeit von Fritz Arno Wagner setzen diese Geschichte in eindringliche Bilder um und machen "Nosferatu" damit zum ersten Meilenstein des Genres. Albin Graus künstlerische Leitung verlegt die Filmhandlung in die Zeit des Biedermeiers, und so atmet "Nosferatu" vor allem eine Stimmung der deutschen Romantik – in ihren hellen wie düsteren Spielarten. Wie bereits bei "Der Gang in die Nacht" (D 1921) gelingt es Murnau hervorragend, in den vielen Außenaufnahmen des Films die Natur quasi an ​der Handlung des Films teilhaben zu lassen, wie Lotte Eisner in "Die dämonische Leinwand" hervorhebt. Jede Einstellung ist bedeutungsschwer und trägt Vorahnungen des Schicksals in sich.

"Nosferatu" arbeitet auch mit Spezialeffekten, wie es zum Beispiel George Méliès bereits in den Kindertagen des Films tat. Einige dieser Effekte sind auch heute noch sehr wirksam: die Szene, in der sich der Vampir kerzengerade aus seinem Sarg erhebt ist seither unzählige Male zitiert worden. Andere – wie Zeitrafferaufnahmen und als Negativ eingeschnitte Szenen – verfingen laut Lotte Eisner bereits seinerzeit nicht beim Publikum. Wenn "Nosferatu" einen derart nachhaltigen Eindruck hinterlässt, so liegt das nicht zuletzt an der Besetzung der Titelrolle mit dem relativ unbekannten Theaterschauspieler Max Schreck, den die Maske im Film glaubwürdig in einen lebenden Kadaver verwandelt hat. Dieses Bild bleibt im Kopf des Betrachters, vor allem in Kombination mit dem stark assoziativen Filmtitel.

“Nosferatu – tönt dieses Wort nicht wie der mitternächtliche Ruf eines Totenvogels? Hüte Dich es zu sagen, sonst verblassen die Bilder des Lebens zu Schatten, spukhafte Träume steigen aus dem Herzen und nähren sich von Deinem Blut”, so ein Zwischentitel.
Autor: Arndt Pawelczik

Fundstücke zu "Nosferatu"

F. W. Murnaus Horrorklassiker übt nach wie vor eine große Faszination auf Zuschauer*innen und Künstler*innen aus. Hier einige Fundstücke zum Film, zu dessen Rezeption, Entstehung und zum Jubiläum:

• In Lübeck wurden einige Außenaufnahmen für "Nosferatu" aufgenommen. Die Stadt hat deshalb eine "Nosferatour" zusammengestellt. mehr

• Die Internetseite "Filmtourismus.de – Die Welt der Drehorte" hat Fotos von "Nosferatu"-Drehorten in ihrem heutigen Zustand mit Aufnahmen aus dem Film kombiniert. mehr

• Die Innenaufnahmen von "Nosferatu" wurden in den Jofa-Ateliers im Berliner Ortsteil Johannisthal gedreht. Hans-Michael Bock von CineGraph hat die Geschichte des Filmstudios nachgezeichnet. mehr

• "Nosferatu – Phantom der Nacht" aus dem Jahr 1979 ist ein Remake des Murnau-Films von Werner Herzog. In der Titelrolle ist Klaus Kinski zu sehen, an seiner Seite spielen Isabelle Adjani und Bruno Ganz. Der Film wurde von Kritik und Publikum stark unterschiedlich aufgenommen, von Ablehnung bis Lob. Kritik gab es an der Inszenierung, die im Vergleich zum Orginial keine größere Eigenständigkeit aufweisen würde, bis hin zu Vorwürfen der Tierquälerei bei den Aufnahmen mit lebenden Ratten. Anerkennung gab es etwa für die Kameraarbeit und die schauspielerische Leistung von Klaus Kinski. mehr

• In dem italienischen Film "Nosferatu a Venezia" (1988) schlüpfte Klaus Kinski, nach seinem Auftritt in Herzogs Neuverfilmung, noch einmal in die Rolle des Blutsaugers. mehr

• Der US-amerikanische Regisseur Robert Eggers, unter anderem bekannt durch die Horrorfilme "The Witch" (USA/Kanada 2015) und "Der Leuchtturm" (USA 2019), plant ein Remake von "Nosferatu". Mit dabei sein soll die Schauspielerin Anya Taylor-Joy.

• Der Spielfilm "Shadow of the Vampire" (USA, Großbritannien, Luxemburg 2000) von Regisseur E. Elias Merhige spielt mit der Idee, der Darsteller des Nosferatu bzw. Graf Orlok wäre wirklich ein Vampir gewesen. Verortet ist die Filmhandlung im Jahr 1921 während der Dreharbeiten zu "Nosferatu". Als Friedrich Wilhelm Murnau ist John Malkovich zu sehen. Max Schreck wird von Willem Dafoe und der Filmausstatter Albin Grau von Udo Kier verkörpert. mehr

• Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat eine Liste mit bedeutenden Werken der Filmgeschichte veröffentlicht. Unter den 35 Filmen befindet sich auch "Nosferatu". mehr

• In einem 12-minütigen Videobeitrag auf vierundzwanzig.de, einem Onlineprojekt der Deutschen Filmakademie, spricht der Filmhistoriker Michael Farin über Murnaus Kinoklassiker. mehr

• Die zur Familie der Kräuseljagdspinnen gehörende Zoropsis spinimana wird auch als Nosferatu-Spinne bezeichnet. mehr

• Der Podcast "Auf den Tag genau" präsentiert täglich eine Zeitungsnachricht aus der Welt vor hundert Jahren. Am 07. März 2022 widmete er sich der Premiere von "Nosferatu".

• Die Internetseite "watson" hat "13 Fun Facts" zu Murnaus Horrorfilmklassiker "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" (D 1922) zusammengestellt. mehr

"Nosferatu" auf Blu-ray und DVD

Der Horrorklassiker liegt auf Blu-ray und DVD in einer Restaurierung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung vor.

Zu hören ist die Originalmusik von Hans Erdmann in einer Rekonstruktion von Berndt Heller. Die Einspielung besorgte das Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken unter Leitung von Berndt Heller.

Der Blu-ray/DVD ist ein 20-seitiges Booklet mit Beiträgen von Katharina David, Jesko Jockenhövel, Ann-Fleur Praetorius und Bernd Schöneberg beigefügt und enthält zudem die Filmdokumentation "Die Sprache der Schatten: Friedrich Wilhelm Murnau und seine Filme – die frühen Jahre und Nosferatu" und eine Abtasung einer Super-8-Ausschnittfassung (1987) der "DEFA Heimfilm" mit einer Musik von Lucia Martinez aus dem Jahr 2014.

Der Film wurde von Luciano Berriatúa in den Jahren 2005 und 2006 im Auftrag der Murnau-Stiftung analog, also durch klassiche Filmkopierung und mechanische Arbeiten am Filmmaterial, restauriert. Die Kopierarbeiten führte L'Immagine Ritrovata Bologna durch. Diese Fassung wurde 2013 von der Murnau-Stiftung digitalisiert und im Zuge dieses Prozesses teilweise überarbeitet.

Die DVD-Version ist zudem in einer F. W. Murnau-Box, die auch "Faust – Eine deutsche Volkssage" (D 1925) und "Schloß Vogelöd" (D 1921) beinhaltet, und in einer 10-Disc-Stummfilmedition der Süddeutschen Zeitung enthalten.

Neben der Version der Murnau-Stiftung gibt es von "Nosferatu" auf dem DVD-Markt eine Vielzahl weiterer Veröffentlichungen mit anderen Fassungen und von anderen Labels, die mitunter weder restauriert sind noch den Umfang der Stiftungs-Fassung erreichen. Auch die Musikbegleitungen sind von unterschiedlicher künstlerischer und technischer Qualität. mehr

Presseschau zu 100 Jahre "Nosferatu"

Das Jubiläum von "Nosferatu" wurde umfangreich in den Medien berücksichtigt. Hier eine kleine Auswahl an Berichten:

♦ Der Filmhistoriker Dr. Rolf Giesen gab ein Interview bei Deutschlandfunk Kultur.
dieostschweiz.ch stellt die Filmmusiker*innen Maria Garbini und Dany Kuhn vor, die sich dem Vampirfilm angenommen haben.
t-online und faz.net berichten über den "Nosferatu"-Themenabend bei ARTE TV.
♦ Der NDR stellt den Film und einige Drehorte vor.
rbbeins führte ein Radiointerview mit dem Stummfilmmusiker Stephan Graf von Bothmer.
sueddeutsche.de über die neue "Nosferatu"-Musik von Olav Lervik, die im Auftrag von ARTE TV erstellt wurde.

Rückblick: TV-Dokumentation: "Nosferatu – Ein Film wie ein Vampir"

Am 09. März 2022 wurde auf ARTE als Erstausstrahlung die Dokumentation: "Nosferatu – Ein Film wie ein Vampir" gezeigt. Bis 02. April 2022 war sie zudem in der ARTE-Mediathek abrufbar.

"Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" (D 1922) ist der Ur-Horrorfilm schlechthin und hat als nicht zertifizierte Dracula-Adaption viele Horror-Topoi gesetzt, die bis heute immer wieder in der Popkultur auftauchen und zitiert werden. Wodurch konnte "Nosferatu" zu einem Meisterwerk der Filmgeschichte werden und wie konnten seine Bilder ein derart langlebiges Eigenleben entwickeln? Welche Remakes hat der Film provoziert, und wie sehen heutige Kreative diesen Film?

Der 75-minütige Dokumentarfilm "Nosferatu – Ein Film wie ein Vampir" begibt sich mit der Figur von Nosferatu als leibhaftigem Schatten auf eine abenteuerliche Reise durch die 100-jährige Wirkungsgeschichte des legendären Films, der als visionärer Pandemiefilm heute aktueller denn je ist. Nosferatu vereinigt in sich Grusel, Trash und Horror und hat viele Kunstschaffende, die hier zu Wort kommen, "infiziert": von Werner Herzog über die deutschen Gothic-Bands Nachtblut und Blutengel bis hin zu Mark Benecke, Vorsitzender der deutschen Dracula-Gesellschaft, und Peri Baumeister, Protagonistin der erfolgreichsten deutschen Netflix-Produktion "Blood Red Sky". Auch die französische Feministinnenszene ist mit der exzentrischen Performerin Ovidie vertreten. Der Dokumentarfilm stellt die Originaldrehorte des Films vor, besucht die wichtigsten archivarischen Sammlungen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz, lässt neben der traditionellen Filmforschung auch aktuell-feministische Stimmen der Kulturwissenschaft zu Wort kommen und lädt ein zu einer imaginären Geisterbahnfahrt durch 100 Jahre Film- und Musikgeschichte. Der neu produzierte Dokumentarfilm war Teil eines ARTE-Schwerpunkts im März 2022 zum Thema Vampire. mehr
Textquelle: ARTE

Rückblick: "Nosferatu" im TV und als Stream

Am 09. März 2022 wurde auf ARTE "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" (D 1922) mit einer Musikkomposition von Olaf Lervik gezeigt. Bis 01. Juni 2022 war der Film auch in der ARTE-Mediathek abrufbar.

Graf Orlok (Max Schreck), der als Vampir einsam auf seinem Schloss in Transsilvanien haust, sucht ein neues Domizil und hat sich mit einem Makler in der deutschen Hafenstadt Wisborg in Verbindung gesetzt. Dieser schickt seinen jungen Angestellten Thomas Hutter (Gustav von Wangenheim) nach Transsilvanien, um dem Grafen den Kaufvertrag zu überbringen. Schon in der ersten Nacht fällt Orlok über den jungen Hutter her; gestärkt mit frischem Blut macht er sich mit Särgen voller Muttererde auf den Weg nach Wisborg und schifft sich auf einem Segelboot in Varna ein. Hutter gelingt die Flucht aus Orloks Schloss. Hutters Frau Ellen (Greta Schröder) hat böse Ahnungen und erwartet ihren Mann sehnsüchtig zu Hause.

Kurz darauf taucht ein vermeintlich führerloses Schiff im Hafen von Wisborg auf. Orlok bringt seine todbringende Fracht mit – pestinfizierte Ratten. Sie verbreiten die Seuche in der Stadt. In der Zwischenzeit ist Hutter eingetroffen und versucht seine Frau Ellen zu beruhigen, die Orlok im Salzspeicher entdeckt hat, genau gegenüber ihrem Wohnhaus. Sie ist bereit, sich dem blutsaugenden Orlok hinzugeben, um dem Unheil ein Ende zu bereiten. Und in der Tat: Orlok vergisst die Zeit, als er nachts über Ellen herfällt, beim ersten Sonnenstrahl löst er sich in Rauch auf – und die Stadt ist von der Pest befreit.

Einige historische Kopien haben sich im Ausland, unter anderem in der Cinémathèque française, erhalten. Diese Kopie ist Grundlage der Restaurierung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung. "Nosferatu" wurde 2005/2006 von Luciano Berriatúa im Auftrag der Murnau Stiftung fotochemisch restauriert. Diese Fassung wurde 2013 von der Stiftung digitalisiert und im Zuge der Digitalisierung teilweise überarbeitet. Die neue Filmmusik stammt von Olaf Lervik und wurde vom Ensemble der/gelbe/klang neu eingespielt.

F. W. Murnau, geboren Friedrich Wilhelm Plumpe, gilt heute als einer der einflussreichsten deutschen Regisseure aller Zeiten und als Pionier innovativer Montagetechniken. Neben "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" zählen "Der letzte Mann" (1924) und "Faust - Eine deutsche Volkssage" (1926) zu seinen bekanntesten Werken. Nach seinen großen Erfolgen in Deutschland arbeitete Murnau ab 1926 in Hollywood, wo er "Sonnenaufgang" (1927) "Vier Teufel" (1928, verschollen) und "City Girl" (1930) drehte. 1931 starb Murnau bei einem Autounfall. Von seinen gut 20 Filmen gelten acht als verschollen und zwei als fragmentarisch erhalten. mehr
Textquelle: ARTE

Rückblick: Sonderschau "Phantome der Nacht – 100 Jahre Nosferatu"

"Phantome der Nacht – 100 Jahre Nosferatu" in der Sammlung Scharf-Gerstenberg Berlin widmete sich von 16. Dezember 2022 bis 23. April 2023 den mannigfaltigen Einflüssen des berühmten Vampirfilms auf die bildende Kunst.

Friedrich Wilhelm Murnaus "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" feierte 1922 im Marmorsaal des Zoologischen Gartens in Berlin Premiere und ist heute längst Teil der Populärkultur geworden – von Horrorfilmen bis hin zur Fernsehserie "Die Simpsons". "Phantome der Nacht. 100 Jahre Nosferatu" in der Sammlung Scharf-Gerstenberg widmete sich der Beziehung dieser Ikone des deutschen Stummfilms zur bildenden Kunst. André Breton galt "Nosferatu" als ein surrealistisches Schlüsselwerk.

Umgekehrt ist der Film nicht ohne kunsthistorische Vorbilder zu denken. In den Entwürfen für die Ausstattung befanden sich Motive, die an die Radierungen Francisco de Goyas erinnern, an die deutsche Romantik oder an die phantastische Kunst und Literatur des frühen 20. Jahrhunderts. Anleihen bei Caspar David Friedrich waren ebenso zu erkennen wie bei Alfred Kubin, Stefan Eggeler oder Franz Sedlacek. Darüber hinaus warf die Ausstellung einen Blick auf die Auswirkungen "Nosferatus" im Bereich der zeitgenössischen Kunst und Alltagskultur.

"Phantome der Nacht. 100 Jahre Nosferatu" wurde kuratiert von Jürgen Müller, Frank Schmidt und Kyllikki Zacharias, Leiterin der Sammlung Scharf-Gerstenberg. Zur Ausstellung fanden Vorträge statt unter anderem von Knut Elstermann, Mark Beneke, Jürgen Müller, Frank Schmidt, Dieter Kosslick und Peter Raue. In Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz gab es die Möglichkeit vor dem Museum Blut zu spenden. Mehr unter www.nosferatuinberlin.de. Der Tagesspiegel war Medienpartner der Ausstellung. Die Schau wurde ermöglicht durch die Freunde der Nationalgalerie

Zur Ausstellung erschien im Sandstein Verlag ein reich bebilderter Katalog, "der neben künstlerischen Vorbildern auch Fotografien und Entwürfe aus dem Nachlass des Ausstatters Albin Grau (berücksichtigte), anhand derer sich die Dreharbeiten und die umfangreiche Werbekampagne nachvollziehen lassen. Flankierende Aufsätze befassen sich mit der literarischen Tradition des Vampirthemas ebenso wie mit der Entstehungsgeschichte und dem (pop-)kulturellen Fortleben des Films. Die damit einhergehende Neubetrachtung bietet die Möglichkeit, allgemein nach der Ästhetik des Unheimlichen und seiner Bedeutung für das 21. Jahrhundert zu fragen", so die Verlagsankündigung.

Videomitschnitt der Buchvorstellung auf YouTube

Der Katalog hat ca. 256 Seiten, ca. 250 meist farbige Abbildungen, ein Format von 27 x 21 cm, die ISBN 978-3-95498-710-8 und kostet Euro 48,00. mehr
Textquelle: Sandstein Verlag

Rückblick: ARTE würdigte "Nosferatu" mit einem Schwerpunkt zu Vampire

Aus Anlass des hundersten Jubiläums der Uraufführung von "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" widmete ARTE TV dem Film im März 2022 einen Programmschwerpunkt mit Dokumentar- und Vampir-Filmen.

Den Auftakt machte Julie Delpys Drama „Die Gräfin“. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts verliebt sich die mächtigste Frau Ungarns in den Jüngling Istvan Thurzo. Ihr schrecklicher Plan: mit dem Blut unschuldiger Jungfrauen zu ewiger Jugend zu gelangen. Eine spannende Mischung aus Historienfilm, Liebesdrama und Thriller. Blutrünstig ging es auch in Jim Jarmuschs außergewöhnlichem Vampirfilm „Only Lovers Left Alive“ weiter. In dem romantischen Filmdrama überzeugen Tom Hiddleston und Tilda Swinton als altersloses Vampir-Paar Adam und Eve. Und auch Kathryn Bigelows Film „Near Dark - Die Nacht hat ihren Preis“ handelte von blutrünstiger Liebe. In Oklahoma küsst Farmersohn Caleb die engelsgleiche Mae. Ein Kuss, gepaart mit einem verhängnisvollen Biss … einer der bedeutendsten Genrefilme der 1980er Jahre.

Den Abschluss machte F. W. Murnaus "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens" – der erste Vampir- und Pandemiefilm überhaupt. Auf der Suche nach frischem Blut verbreitet der einsame Vampir Graf Orlok Pest und Tod in der deutschen Hafenstadt Wisborg. Der weltberühmter Stummfilm basiert auf dem 1897 erschienenen "Dracula"-Roman von Bram Stoker. Auf ARTE wurde er in restaurierter Fassung und mit der neuen Musik von Olav Lervik, eingespielt vom Ensemble der/gelbe/klang, gezeigt. Von der aufregenden Produktions- und Rezeptionsgeschichte des Films, darunter dem Rechtsstreit mit der Stoker-Witwe, der zur Zerstörung aller Verleihkopien führte, erzählte die packende Dokumentation "Nosferatu – Ein Film wie ein Vampir". mehr
Textquelle: ARTE

Credits und weiterführende Informationen


Titel: Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Drehbuch: Henrik Galeen
Kamera: Fritz Arno Wagner, Günther Krampf
Darsteller: Max Schreck, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder, Alexander Granach, Georg Heinrich Schnell, John Gottowt, Gustav Botz, Max Nemetz, Ruth Landshoff
Produktionsfirma: Prana-Film GmbH Berlin
Produzent: Enrico Dieckmann, Albin Grau
Uraufführung: 04. März 1922 im Marmorsaal des Zoologischen Gartens Berlin

Links:
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
Wikipedia 
Filmportal 
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Blu-ray/DVD-Veröffentlichung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung