die stadt ohne juden filmkader filmarchiv austria 250 2016Gemäß dem Leitspruch „Save the Past for the Future“ hat das Filmarchiv Austria eine Crowdfunding-Initiative zur Rettung des vielleicht wichtigsten österreichischen Stumm­films, Die Stadt ohne Juden (Regie: Hans Karl Breslauer, 1924), gestartet.

Durch einen zufälligen Fund auf einem Pariser Flohmarkt kamen bisher verloren geglaubte Passagen des ös­terreichischen Meisterwerks in den Bestand des Filmarchiv Austria. Der Film wurde nach einer Romanvorlage des jüdischen Schriftstellers und Journalisten Hugo Bettauer 1924 in Wien gedreht und zeigt mit unheimlicher Voraussicht die kulturelle und wirtschaftliche Verarmung einer Stadt nach Vertreibung der jüdischen Bevölkerung. Es ist der weltweit erste Film, der wie eine Vorahnung die Vertrei­bung der Juden, die nur wenige Jahre später Realität wurde, sowie die damit verbundenen politischen und ge­sellschaftlichen Konsequenzen darstellt.

Mit den neu aufgefundenen Passagen kann der Film nun erstmals seit vielen Jahrzehnten in voller Länge wiederhergestellt werden. Enthalten ist nun auch der bisher verloren geglaubte Schluss, der gemeinsam mit weiteren neu entdeckten Passagen eine offensichtlich dramaturgisch angelegte Parallel-Erzählung erkennen lässt. Bisher unbekannte Szenen zeigen das jüdische Leben in Wien mit klarer antisemitischer Konnotation. Die berühmte expressionistische Szene mit Hans Moser als rabiaten Antisemiten ist erstmals komplett überlie­fert. Insgesamt wird nun die politische Aussage des Films und die Darstellung des mörderischen Antisemitis­mus in Wien im Gefolge des ersten Weltkrieges wesentlich schärfer artikuliert.

Um dieses einzigartige Filmdokument zu erhalten, müssen als erster Schritt einer umfassenden Restaurierung die auf Nitromaterial neu aufgefundenen Passagen auf modernes Trägermaterial umkopiert und digitalisiert werden. Aufgrund des fragilen Nitromaterials drängt die Zeit. Da dieses aufwendige und kostenintensive Projekt aus dem laufenden Budget nicht finanziert werden kann, hat sich das Filmarchiv Austria entschlossen, die Zivilgesellschaft im Rahmen einer Crowdfunding-Initiative um Unterstützung zu bitten.

Innerhalb der ersten zwei Wochen haben sich mehr als 140 UnterstützerInnen an der Filmrettungs-Initiative auf wemakeit.com beteiligt, dabei kamen bisher über EUR 16.000 zusammen. Bis zum 10. Dezember 2016 können „FilmretterInnen“ die Kampagne noch unterstützen - als Dankeschön warten auf die Supporter exklusive Belohnungen, unter anderem Tickets zur Premiere von "Die Stadt ohne Juden", ein Workshop zur digitalen Filmrestaurierung oder ein Rundgang an filmhistorisch bedeutende Plätze Wiens.

Die Crowdfunding-Kampagne findet man hier

Textquelle und Fotonachweis: Filmarchiv Austria

Bonn

filmstreifen bunt11 250

Bis 30. Juli 2023 ist in der Bundeskunsthalle die Ausstellung "1920er! Im Kaleidoskop der Moderne" zu sehen. Zum Rahmenprogramm gehören auch drei Stummfilmvorführungen mit Livemusik. mehr

Filmgeschichte hören

filmstreifen bunt11 250

Podcasts haben in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Auch für Freund*innen des frühen Filmerbes gibt es einiges an Ohrenfutter zu entdecken. hier eine Auswahl

Sammlung Werner Nekes

Bis Sommer 2023 wird im Filmmuseum Potsdam die Präsentation "Ich sehe was, was Du nicht siehst – Aus der Sammlung Werner Nekes" gezeigt. Ergänzend findet eine Vermittlungswerkstatt statt. mehr