Anlässlich der weltweit beachteten Rekonstruktion und Restaurierung von Hans Karl Breslauers Die Stadt ohne Juden geht das Filmarchiv Austria im Rahmen der Viennale-Retrospektive "Surviving Images" den Spuren jüdischer Kultur und Geschichte(n) im deutschsprachigen Stummfilm nach und zeigt vom 26. Oktober bis 08. November 2018 im Metro Kinokulturhaus die Filmreihe "Jüdische Lebenswelten im deutschsprachigen Stummfilm".
Wenige Jahre vor der Shoah, dem beispiellosen Massenmord an der jüdischen Bevölkerung, wurde jüdisches Leben vitaler und unmittelbarer als je zuvor in Filmen festgehalten. Vor allem der österreichische und deutsche Stummfilm erwiesen sich dabei als eindrucksvolles Medium für die Dokumentation dessen, was bald beinahe völlig ausgelöscht werden sollte.
Die vom Filmarchiv Austria kuratierte Schau "Surviving Images" erinnert im Jahr des Republikjubiläums an diese jüdischen Lebenswelten, die nur in Filmbildern überleben konnten. Dass dies möglich wurde, ist auch ein Verdienst der Filmarchive, deren Arbeit ebenso ausgestellt wird. Im Rahmen dieses zwölf Programme umfassenden Viennale-Schwerpunktes werden nicht weniger als acht neue, davon vier im Filmarchiv Austria durchgeführte Restaurierungen präsentiert.
"Surviving Images" ist aber auch das Motto eines neuen Restaurierungs- und Sammlungsschwerpunktes im Filmarchiv Austria. Ziel ist es, die in Österreich bzw. mit österreichischer Beteiligung hergestellten, filmhistorisch bedeutsamen Zeugnisse rund um das Thema Film und Judentum zu bewahren und für die Öffentlichkeit neu zu erschließen. Dabei sollen historische Filmdokumente ebenso gesammelt und restauriert werden wie wichtige Spiel- und Dokumentarfilme. Schrittweise entsteht damit eine allgemein zugängliche Kollektion, die dieses prägende Kapitel der Zeitgeschichte auch kommenden Generationen lebendig und authentisch vermitteln kann.
Der Filmarchiv-Beitrag zur diesjährigen Viennale ergänzt die noch bis Ende des Jahres laufende Ausstellung "Die Stadt ohne", die, ausgehend von "Die Stadt ohne Juden", den historischen Hintergrund des Films mit dem Antisemitismus und der Xenophobie der Gegenwart vergleicht. Die Kuratoren sind Nikolaus Wostry und Ernst Kieninger.
Das Retrospektive-Programm in der Übersicht:
DAS ALTE GESETZ (E. A. Dupont, D 1923)
Restaurierte Fassung
Mit Live-Musikbegleitung von Fabian Pollack & Alex Kranabetter
FAMILIENTAG IM HAUSE PRELLSTEIN (Hans Steinhoff, D 1927)
Mit Live-Musikbegleitung von Gischt (Ursula Winterauer)
DER FLUCH (Robert Land, A 1925)
Restaurierte Fassung
Mit Live-Musikbegleitung von Katharina Ernst
DIE GEKREUZIGT WERDEN [Fragment] (Georg Kundert, A 1919)
Restaurierte Fassung
Mit Live-Musikbegleitung von Inou Ki Endo (Shilla Strelka)
Wird gemeinsam gezeigt mit: OPFER DES HASSES. DIE TRAGÖDIE EINES RUSSISCHEN FABRIKANTEN (Hans Marschall, A 1923)
DIE GEZEICHNETEN (Carl Theodor Dreyer, D 1921)
Restaurierte Fassung
Mit Live-Musikbegleitung von ZSAMM (Maja Osojnik und Patrick Wurzwallner)
DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM (Carl Boese, Paul Wegener, D 1920)
Restaurierte Fassung
Mit Live-Musikbegleitung von Muscle Tomcat Machine (Manfred Englmayr, David Reumüller und Bernd Heinrauch)
JISKOR (Sidney M. Goldin, A 1923)
Restaurierte Fassung
Mit Live-Musikbegleitung von Motherdrum (Alexander Yannilos)
DER KAUFMANN VON VENEDIG (Peter Paul Felner, D 1923)
Mit Live-Musikbegleitung von Canned Fit (Christine Schörkhuber)
NATHAN DER WEISE (Manfred Noa, D 1922)
Restaurierte Fassung
Mit Live-Musikbegleitung von Moritz Nahold
OST UND WEST (Sidney M. Goldin, A 1923)
Mit Live-Musikbegleitung von KMET
DIE STADT OHNE JUDEN (Hans Karl Breslauer, A 1924)
Restaurierte Fassung
Mit Live-Musikbegleitung von Haskii & Jung an Tagen
THEODOR HERZL, DER BANNERTRÄGER DES JÜDISCHEN VOLKES (Otto Kreisler, A 1921)
Mit Live-Musikbegleitung von Rupert Huber
Die Aufführungstermine des Retrospektive-Programm findet man unter www.filmarchiv.at
Textquelle: Pressemitteilung Filmarchiv Austria; Foto: Stummfilm Magazin/Frank Hoyer